Testbericht: Star Wars: The Force Unleashed

„Es war einmal vor langer Zeit, in einer weit, weit entfernten Galaxis…“ Mal ehrlich, wie viele Testberichte zu Star Wars-Spielen habt ihr schon gelesen? Ja? Soo viele? Und fingen sie nicht immer damit an, was für ein unglaubliches Franchise Star Wars ist? Wie sehr es die Popkultur geprägt hat, wie revolutionär die Filme waren, wie neu die Technik vor 30 Jahren? Tja… all diese Testberichte hatten natürlich völlig recht! Star Wars ist klasse, toll, wunderbar, alle lieben es und die Wii-Konsole ist quasi für Star Wars Spiele gemacht. Nun steht der neueste Ableger der gigantischen Marketingmaschinerie in den Läden. „Star Wars: The Force Unleashed“ greift den Ansatz eines Jedi Knight auf, dreht jedoch die Machtkräfte eures Helden bis zum Extrem auf. War Luke noch beeindruckt, als Yoda seinen X-Wing hochhob, so würde er in diesem Spiel wahrscheinlich weinend in die Ecke rennen. „The Force Unleashed“ bietet brachiale Kaputtmachorgien, einen sympathisch bösen Helden, der sich einen Dreck um den Jedi-Kodex kümmert und alle übrigen Zutaten, die den Krieg der Sterne ausmachen. Also zündet die Wiimote, endlich dürft ihr sie selbst schwingen!

Surrr, brrzzzl, wooooosch

Die Geschichte von The Force Unleashed liegt schon eine ganze Weile zurück, nicht nur die Story, auch die Entstehung. Den Anfang machte ein beeindruckender Teaser-Trailer, in dem ein dunkler Jedi physikalisch korrekt Sturmtruppen durch die Gegend schleuderte. Anfangs hatte das Ganze noch keinen Namen und war offiziell noch nicht mal ein Spiel, sondern eine Physikdemo. Doch genau dieses kleine Filmchen verdeutlichte schon wunderbar, worum es in TFU später gehen sollte. Das Motto lautet: Das Lichtschwert ist zwar cool, cooler ist aber die Macht.
Doch der Reihe nach: Die Galaxis befindet sich im Umbruch. Die Klonkriege sind beendet, die meisten Jedi vernichtet. Das Imperium hat sich sein Reich auf Angst und militärischer Stärke begründet. Darth Vader, der schwärzeste aller schwarzen Brüder, durchstreift höchstpersönlich das Universum, um den letzten Jedi den Garaus zu machen. Als er dann aber während einer Mission auf Kashyyyk auf einen überaus machtbegabten Jungen stößt, beschließt er, ihn zu seinem eigenen Schüler zu nehmen. Insgeheim, denn die Regel der Zwei besagt, dass es in den Reihen der Sith immer nur einen Meister und einen Schüler gibt. Darth Sidius und Darth Vader.
Jahre später ist es dann der dunkle Schüler mit dem Spitznamen Starkiller, der an Vaders Seite die Galaxis durchstreift, noch immer auf der Suche nach verbliebenen Jedi. Doch Starkiller ist nicht bloß ein Attentäter, denn Vader hat mit dem Jungen Großes vor…

Star Wars: The Force Unleashed ist ein Third-Person-Actionspiel im Stile von God of War oder Jedi Knight. Mit Schwert und Macht bewaffnet, durchstreift ihr unter anderem Sternenzerstörer, Schrottfabriken, den zerstörten Jedi-Tempel, die Welten Felucia und Kashyyyk aus Episode 3 und sogar die ultimative Waffe des Imperiums. Zwischen und während der Missionen gibt’s immer wieder nette Zwischensequenzen, in denen die gut erzählte Handlung vorangetrieben wird. Zusammen mit dem Droiden PROXY und eurer Pilotin Juno Eclipse (übrigens war das der ursprüngliche Name für Asajj Ventress aus Clonewars) werdet ihr dabei immer tiefer in ein Verwirrspiel zwischen Imperium und der gerade entstehenden Rebellion gezogen, dass schließlich in einem von zwei möglichen Enden gipfelt. Dabei nimmt sich das Spiel sogar Zeit, ein wenig auf seine Charaktere einzugehen. Juno entwickelt im Laufe des Spiels zunehmend Bedenken an der Richtigkeit ihrer Mission, und dass der dunkle Schüler sie dafür nicht gleich umlegt, lässt auch einiges erahnen…
Abseits derartiger Gewissenskonflikte, verhaut ihr rund acht Stunden lang Imperiale und Rebellen gleichermaßen. Die Kämpfe sind das tragende Spielelement, Rätsel gibt es nur sehr selten. In den Auseinandersetzungen stehen euch dabei – neben dem Schwert – die vier Hauptkräfte Schub, Griff, Blitz und Schwertwurf zur Verfügung. Für jeden besiegten Feind erhaltet ihr zudem Machtpunkte, die nach und nach in neue Combos dieser vier Grundtalente investiert werden können. Dann ist es beispielsweise möglich, eine Schwertkombination mit einem mächtigen Blitzschlag oder einer Schubwelle zu beenden, hochgehobene Gegner mit herumliegenden Gegenständen zu bewerfen oder alles in eurer Umgebung mittels Schockwelle umzustoßen. Die Machtkräfte haben dabei in Sachen Intensität mit ihren Filmursprüngen nicht mehr viel gemeinsam. Starkiller kann mit einer einzigen Handbewegung ganze Gegnerhorden umstoßen, einen ATST per Macht zusammenfalten oder als Krönung all dessen sogar einen Stäääääääuuuuaaaa$§/!“% (*Hinweis im Amazon Produkttrailer*) vom Himmel holen.

Im Spiel geht es also wesentlich radikaler zu, als in den Filmen. Ihr blitzt und werft wie die Weltmeister – meist wird dabei auch die Umgebung als Wurfgeschoss missbraucht. Dank Havok-Physikengine leuchten manipulierbare Objekte mit einer blauen Aura auf. Das reicht von herumliegenden Kisten über Statuen und Säulen bis hin zu ganzen Wänden. Zwar ist die Zerstörungsorgie gegenüber den HD-Konsolen mangels Rechenpower etwas zurückgeschraubt, kann sich aber dennoch sehen lassen. Und dank Ragdoll-System fliegen eure Feinde auch herrlich durch die Luft.
In Puncto Gameplay verlässt sich The Force Unleashed also ganz auf die Stärke seines Kampfsystems. Das ist in soweit kein Problem, als dass diese Stärke auch genutzt und gut umgesetzt wurde. Wenn man aber darüber hinausblickt, fällt auf, dass nicht mehr viel übrig bleibt. In der Regel bewegt ihr euch durch mehr oder weniger lineare Levels von A nach B um am Ende einem Boss den Garaus zu machen. Dabei handelt es sich entweder um einen anderen Jedi/Sith oder einen besonders mächtigen Standardgegner, etwa einen Rancor oder ATST. Erstere sind dabei stets eine Herausforderung und müssen in meist spannenden Lichtschwert- und Machtduellen bezwungen werden. Bosskämpfe der zweiten Kategorie laufen dagegen nach dem stets gleichen Schema ab. Gegner anvisieren und mit Gegenständen bewerfen, bzw. totblitzen. Das klingt zwar unspektakulär, macht unterm Strich aber immer noch eine Menge Spaß, besonders da die Kämpfe stets mit einem coolen Quick-Time-Reaction-Event beendet werden können – also einer voranimierten Knöpfchendrück-Sequenz. Sinkt die Lebensenergie eures Widersachers auf etwa ¼, wird das Symbol von Remote oder Nunchuk eingeblendet. Bewegt ihr den entsprechenden Controller rechtzeitig, startet ihr die Sequenz. Schafft ihr es bis zu deren Ende immer zum richtigen Zeitpunkt, die richtige Hand zu bewegen, macht Starkiller den Gegner auf spektakuläre Weise platt, ohne, dass ihr die übrige Lebensenergie herunter prügeln müsst.
Unterm Strich kaschiert The Force Unleashed also geschickt, dass es abseits der Kämpfe nicht viel zu bieten hat – dafür wird der Spielfluss auch nie durch unpassende Minispielchen gebremst. Wer sich dennoch die Mühe macht, die Levels genauer zu durchforsten, kann neben Upgrades zur Verlängerung von Lebensenergie und Machtleiste auch insgesamt 200 Holocrons, sowie bunte Lichtschwertkristalle und -griffe finden. Erstere schalten wenig spektakuläre Artworks frei, letztere dienen zur Anpassung des Lichtschwerts an den persönlichen Geschmack. An Bord der Rogue Shadow, dem Raumschiff des Heldentrios kann der dunkle Schüler zudem noch mit verschiedenen Kostümen eingekleidet oder das Laserschwert verbessert werden. Und habt ihr das Spiel einmal komplett durchgespielt, kann es mit allen Kostümen, Machtkräften und Schwertupgrades noch ein zweites Mal bestritten werden – ein Anreiz um auch das alternative Ende zu sehen.

Fühlen, nicht denken. Nutze deinen Instinkt.

Ja es ist soweit, darauf hat die Wii-Gemeinde gewartet. In The Force Unleashed wird die Wii-Remote zum Laserschwert. Natürlich nicht 1:1, das geht (momentan) noch nicht, doch von der Steifheit eines Red Steel, ist Starkiller ebenfalls weit entfernt. Der Entwickler Krome-Studios hat die Bewegungserkennung der vier Hauptrichtungen zuverlässig auf das virtuelle Schwert übertragen, in den allermeisten Fällen bewegt sich euer Lichtschwert auch in die gewünschte Richtung. Zudem genügt schon eine leichte Handbewegung, sodass sich ein angenehm präzises Spielgefühl einstellt. Hier haben die Programmierer im Rahmen der Möglichkeiten ganze Arbeit geleistet. Während die Wiimote also für die Aktionen der Schwerthand zuständig ist, werden alle Machtfähigkeiten mit der linken Hand, also dem Nunchuk ausgelöst. Blitzen und Heben funktioniert auf Knopfdruck, ein Ruck löst den Schub aus. Verhaken sich in einem Duell die Lichtschwerter ineinander, müsst ihr innerhalb kurzer Zeit mehrmals die Wii-Fernbedienung in eine vorgegebene Richtung drehen und Zustoßen. Ähnlich intuitiv ist auch das Blocken. Haltet ihr bei gedrücktem A-Knopf die Schwerthand in schützender Pose seitlich vor den Kopf, macht Starkiller im Spiel dasselbe. Vorbildlich. Bis auf wenige Ausnahmen funktioniert die Bewegungserkennung zudem problemlos und trägt deutlich zum Spielfluss bei, statt aufgesetzt zu wirken. In einem ausführlichen Tutorial wird zudem jede wesentliche Aktion erklärt und sogar vorgemacht, hier können sich andere Entwickler durchaus eine Scheibe abschneiden.

Deine Augen können dich täuschen, traue ihnen nicht.

Dafür müssen die Krome Studios aus technischer Hinsicht Prügel einstecken. Die etwas aufgebohrte Engine von Spyro: Eternal Night ist weit davon entfernt, die Wii ins Schwitzen zu bringen. Natürlich ist die Bewertung hier ohnehin schwierig, da der Vergleich zu den HD-Versionen möglichst vermieden werden sollte, dennoch wäre überall etwas mehr drin gewesen. Die Levels sind zwar abwechslungsreich gebaut, jedoch meist nur mit mittelmäßigen Texturen versehen. Die Figuren bewegen sich auf lediglich durchschnittlichem PS2-Niveau, insbesondere die Gesichter wirken deshalb ein wenig zu statisch. Denn gerade wenn Juno oder Starkiller mal etwas mehr Gefühl zeigen, wird das durch die Mimik leider kaum transportiert. Hier ist – um doch den Vergleich zu bemühen – die HD-Version atmosphärisch ein ganzes Stück voraus. Ansonsten hält die Präsentation ein schwankendes Niveau. Manche Abschnitte sehen mit spiegelnden Böden und vollgerümpelten Raumschiffhangars sehr hübsch aus, andere Passagen – etwa der zweite Besuch auf Kashyyyk – wirken dunkel, trist und abwechslungsarm. Apropos Abwechslung. Die Welt Raxus Prime besucht ihr im Laufe des Spiels viermal, Felucia und Kashyyyk zweimal, den Jeditempel dreimal. Zwar ist das Leveldesign (außer beim Jeditempel) stets anders, das grafische Setting jedoch gleich. Hier hätte durchaus etwas mehr Vielfalt herrschen dürfen, an fantastischen Welten mangelt es dem Star Wars-Universum ja nun wirklich nicht.

Natürlich verblasst all das im Vergleich zur Klangkulisse. Hier braucht man keine großen Worte zu verlieren, alle typischen Klangeffekte finden sich auch im Spiel wieder und der Soundtrack ist gewohnt großartig. Erfreulicherweise haben alle wichtigen Melodien aus beiden Trilogien ihren Weg ins Spiel gefunden und auch die eigens komponierten Stücke passen sich nahtlos ins Gesamtkonzept ein. Die deutsche Sprachausgabe ist unterm Strich ebenfalls gelungen, auch wenn Starkiller in manchen Szenen ein wenig zu jugendlich klingt. Doch das fällt kaum negativ ins Gewicht. Juno, PROXY und Vader wurden sehr passend vertont, der Imperator und Bail Organa besitzen sogar ihre Original-Filmstimmen.

Diesmal greifen wir ihn gemeinsam an.

Eine der großen Besonderheiten der Wii-Version ist – neben der Steuerung – auch der exklusive Duellmodus. Aus knapp 30 bekannten Gesichtern könnt ihr einen Helden wählen und mit Schwert und Macht gegen einen Freund antreten. Das Ganze verläuft Beat’em’up-mäßig mit Energieleiste in kleinen Arenen auf Leben und Tod. Durch viele bewegliche Objekte und Items arten die Duelle dabei stets in ein vergnügliches Gekloppe aus, zumal die eigentlich auf Singleplayer ausgelegte Spielbalance erstaunlich gut funktioniert. Jede Attacke kann im Prinzip geblockt werden, sodass nicht zwingend derjenige gewinnt, der am wildesten draufhaut.
Die Kämpferriege hat von Darth Maul bis Mara Jade alle wichtigen Figuren zu bieten, die sich in den vier Machtkategorien unterscheiden. Schade ist lediglich, dass der Imperator und Yoda nicht spielbar sind – wobei letzteres wohl irgendwie witzlos wäre…

Der Kreis schließt sich.

So sieht es nun also aus, das erste richtige Star Wars-Spiel für Wii. Obwohl Multiplattform, musste sich gerade die Wii-Version von The Force Unleashed einer enormen Erwartungshaltung stellen. Kann das Spiel also überzeugen? Nun, das hängt in erster Linie davon ab, was man erwartet. Aufgrund der schwächeren Technik geht dem Spiel mit Sicherheit ein Stück seiner Atmosphäre verloren, wenn auch kein allzu großes. Auf der anderen Seite ist die Steuerung die bestmögliche geworden und wertet das Gameplay – gerade im Vergleich zu den Versionen für Xbox360 und PS3 – enorm auf. Und nicht zuletzt erzählt das Spiel eine äußerst interessante Geschichte, die für den Gesamtkontext der sechs Episoden eine nicht unerhebliche Bedeutung hat. Das hatte ich zumindest in dieser Form nicht erwartet.
Star Wars Fans kann The Force Unleashed deshalb beruhigt ans Herz gelegt werden, denn die Atmosphäre stimmt und der Titel spielt sich flüssig. Wer hingegen „nur“ ein gutes Actionspiel sucht, kann hier ebenfalls glücklich werden, sofern er Abstriche bei Technik und Umfang in Kauf nimmt.
Aber wie sagte schon der weise Meister Yoda: „Nach meiner Größe du mich beurteilst? Aber das solltest du nicht…“

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Packshot Star Wars: The Force Unleashed

Star Wars: The Force Unleashed

Release: 18.09.2008
Publisher:
Entwickler:
Anzahl Spieler: 2
USK: 12