Testbericht: Sin and Punishment: Successor of the Skies

Auf Nintendos Wii gibt es keine Spiele für die alteingesessenen Zocker der ersten Stunde – das ist die Meinung vieler, die Nintendos weiße Fuchtelkiste gerne als der Inbegriff für Partyspiele ohne Sinn und Verstand sehen und auf der man als gestandener Zocker angeblich nichts Vernünftiges auf den Bildschirm bekommt. Gerade solche Kritiker vergessen dabei jedoch, dass viele Nischentitel auf der Nintendo-Konsole erscheinen, die es anderswo vielleicht gar nicht geben würde. Und dazu gehört unter anderem der Action-Titel „Sin and Punishment – Successor of the Skies“. Wir haben für euch zur Laserwumme gegriffen und ordentlich die Fetzen fliegen lassen…

Wer sündigt, muss bestraft werden!

So lautet die Devise in Sin and Punishment – Successor of the Skies, sofern man dem rückseitigen Aufdruck auf dem Cover Glauben schenken mag. Die Story des Titels selbst zeigt sich nämlich eher undurchsichtig und verwirrend. Ihr seid anfangs in der Rolle von Isa oder Kachi auf der Flucht vor einer Bedrohung, die sich als die Truppe der Nebulox herausstellt. Ob unser Chefredakteur dabei seine Finger mit im Spiel hatte? Wer weiß. Jedenfalls erhielt Isa ursprünglich den Auftrag Kachi auszuliefern, entschied sich allerdings dagegen und darf nun gegen die Hundertschaften seiner ehemaligen Auftraggeber um sein Leben kämpfen. Im Prinzip ist die Hintergrundgeschichte in diesem Titel ohnehin zweitrangig, liefert sie doch eigentlich nur eine kleine Rechtfertigung, warum in den folgenden Stunden unermüdlich den feindlichen Projektilen ausgewichen und tausende Opponenten in Schutt und Asche gelegt werden müssen. Das ist in der Tat wörtlich zu nehmen, denn nicht umsonst gilt der Entwickler Treasure bereits seit der Gründung 1992 als Experte für Shooter und rasante Action. Mit Gunstar Heroes, Radiant Silvergun sowie Ikaruga zeigte sie sich auch für einige der besten Shoot’em’Ups der letzten zwei Dekaden verantwortlich. Dass wir also mit dem Nachfolger des damals nur in Japan erschienenen Originals Sin and Punishment – Successor of the Skies nicht irgendein Action-Game vorgesetzt bekommen würden, war von Anfang an klar.

Und dennoch kommen einem viele Elemente des Gameplay aus anderen Titeln bekannt vor. Treasure hat sie jedoch gut gemischt, mit neuen Ideen angereichert und somit einen derart mitreißenden Cocktail auf die Wii gezaubert, dass einem als Spieler fast die Luft weg bleibt. Natürlich ist Sin and Punishment – Successor of the Skies ein Shoot’em’Up, doch hebt es sich dabei wohltuend von den Genrekollegen ab. Zu Grunde gelegt wurde dem Titel zwar eine vorgegebene Levelstruktur auf Schienen, diese bewegen sich allerdings in drei Dimensionen, so dass man immer wieder auch in den Raum hinein unterwegs ist. Die beiden Protagonisten Isa und Kachi besitzen zudem einem Jetpack, bzw. ein Hoverboard und können mittels Analogstick ebenfalls im Raum gesteuert werden. Das ist auch durchaus wichtig, muss so doch den heran fliegenden Projektilen eurer Gegner ausgewichen werden. Gleichzeitig dürft ihr eure Widersacher mittels Pointerfunktion der Wiimote selbst ins Visir nehmen. Der gedrückt gehaltene B-Button feuert endlose Salven aus eurer Wumme, während ihr mittels A-Button euren Schuss auch aufladen und in der Folge als Isa mehr Schaden verursachen könnt, bzw. mit Kachi mehrere Gegner anvisieren dürft. Aufgrund der einsetzenden Überhitzung ist so ein aufgeladener Superschuss aber nicht ständig möglich. Dafür dürft ihr durch einen kurzen Druck auf den B-Button euch zu nahe rückenden Gegnern mittels Schwert im Nahkampf zu Leibe rücken. Da teils aus allen Rohren auf euch geschossen wird, kann es mitunter ganz schön brenzlig werden. Zum Glück haben euch die Entwickler hier noch einen Trick mit auf den Weg gegeben: Der C-Button lässt euren Protagonisten eine kurze Rolle vollführen, während der ihr nicht getroffen werden könnt. Wahlweise darf übrigens nicht nur mit der Kombination aus Wiimote und Nunchuk, sondern auch mit dem Classic sowie dem GameCube-Controller angetreten werden. Im Test hat sich dank Pointerfunktion allerdings die Version mit Wiimote und Nunchuk mit Abstand am tauglichsten erwiesen. Selbst der Zapper wird hierbei übrigens unterstützt. Ausweichen, Anvisieren, Rollen, Feuern – ihr seid also ganz schön beschäftigt.

Glücklicherweise wird euch die Steuerung nach einem kurzen Intro, bei dem euer Raumschiff auf einem Planeten abstürzt, in einem kleinen Einführungslevel näher gebracht, wo ihr aus dem explodierenden Schiff vor den ersten Feinden flüchten müsst. Hierbei lernt ihr auch schon die ersten Feinheiten des Gameplays, denn ihr könnt auf euch abgefeuerte Projektile auch an den Absender zurück schleudern. Es dauert einige Minuten, bis man die Steuerung verinnerlicht hat. Dann allerdings beherrscht man sie im Schlaf. Nun gilt es nur noch die Taktiken der verschiedenen Gegner zu durchschauen, die euch an den Kragen wollen. Und an dieser Stelle beweist Treasure einmal wieder, mit welchem Einfallsreichtum jedes Game aus der Edelschmiede versehen ist. Denn zu den normalen Opponenten gehören Ninjas auf fliegenden Surfbrettern und riesige Kaulquappen genauso wie Mantarochen, drehbare Geschütztürme und allerlei Soldaten, die aus Leibeskräften das Feuer auf euch eröffnen. Für viel Abwechslung im Gameplay wird ebenfalls gesorgt. Fernab des reinrassigen Shooters werden geschickt immer wieder Elemente aus anderen Genres eingestreut. Zusätzlich zur normalen Ballerei dürft ihr in bester Beat’em’Up-Manier eine Kontrahentin nieder strecken, unvermittelt wird in ein Sidescroll-Level gewechselt und selbst in eine Art Rennspiel werdet ihr verfrachtet.

Treasure greift also wieder einmal tief in die Trickkiste. Eines der vielen Highlights in Sin and Punishment sind allerdings die Bossfights. Zum einen treten diese nicht immer an den erwarteten Stellen zum Ende des Levels auf, zum anderen sind sie in der Regel überdimensional groß ausgefallen und beanspruchen schon gerne einmal den Großteil des Bildschirms. Ein in schwarz gekleideter, mysteriöser Scherge, eine riesige Schildkröte oder eine rotierende Maschine sind nur eine Auswahl der vielen Zwischen- und Bossgegner, die es zu besiegen gilt. In Kombination mit den teils mehreren Verwandlungsphasen der Obermotze fühlt man sich hier an die Glanzzeiten der Shoot’em’Ups zurück erinnert, als der Spieler in solchen Situationen noch mit schwitzigen Händen um sein Leben fürchten musste. Dank einer Energieleiste sind Treffer bei Sin and Punishment nicht sofort tödlich, dennoch werden auch Profis das ein oder andere Mal ins Gras beißen müssen. Fair gesetzte Speicherpunkte mitunter sogar während des Bossfights sowie unbegrenzte Continues lassen Frust jedoch auf keinem der drei verfügbaren Schwierigkeitsgrade aufkommen.

Allerdings sollte klar sein, dass man bei einem „Game Over“ die erspielte Punktzahl verliert und wieder von vorne mit der Jagd auf den Highscore beginnen muss. Doch genau das ist auch die Faszination, die den passionierten Zocker längerfristig an Sin and Punishment – Successor of the Skies fesseln wird. Denn die Story selbst ist von halbwegs geübten Spielern binnen fünf bis sechs Stunden durchgespielt. Dank Online-Ranglisten darf man sich jedoch in jedem der einzelnen Levels nicht nur lokal mit Spielern aus Deutschland, sondern auch mit Zockern aus Europa und sogar mit den US-Kollegen kombiniert messen. Die Statistiken werden dabei für jeden einzelnen Schwierigkeitsgrad, jede Stage und jeden Charakter separat festgehalten. Nach jeder absolvierten Stage dürfen die neu erzielten Highscores hoch geladen werden, was schnell und unkompliziert zu bewerkstelligen ist. Selbst für den Zweispieler-Modus, bei dem der zweite Spieler jedoch nur die Steuerung eines zusätzlichen Pointers übernimmt, werden getrennte Statistiken erfasst. Die Langzeitmotivation erschließt sich somit in der Tat nur für diejenigen, die sich gerne auf die Jagd nach dem nächsten Highscore machen. Diese erhalten neben den umfangreichen Highscorelisten mit einem geschickt integrierten Comcosystem, welches den Punktezähler rasant in die Höhe schnellen lässt, bei jedem eingesteckten Treffer allerdings auch wieder seinen Weg in den Keller antritt. Zur gezielten Punktejagd lassen sich die bereits erfolgreich absolvierten Abschnitte übrigens jederzeit einzeln im Menü anwählen. Wer sich dafür begeistern kann, wird in Sin and Punishment – Successor of the Skies eine ansprechende Herausforderung finden.

Ins Schwitzen gebracht…

…werden nicht nur die Spieler bei den Endbossen, sondern auch die Prozessoren der Wii. Treasure kitzelt aus der kleinen weißen Kiste eine grafische Power heraus, wie man sie nur selten gesehen hat. Unglaubliche viele Objekte schaffen es gleichzeitig auf den Screen und gleiten dabei mit flüssigen 60 Bildern pro Sekunde über den Bildschirm. Nur in Ausnahmefällen geht die Framerate einmal kurz in die Knie, was der tollen Spielbarkeit des Titels aber keinen Abbruch tut. Die Polygone huschen mit Effekten verziert über den Bildschirm, es gibt Explosionen an allen Ecken und Enden. Die konfigurierbare Bildschirmbreite und -höhe ist da nur die Spitze des Eisbergs, denn auch die wahlweise englische oder japanische Synchronisation findet man nicht in jedem Spiel. Gegen die grafische Pracht der abwechslungsreich gestalteten Levels voller unterschiedlicher Ideen sehen die grobschlächtigen Charaktere in den Zwischensequenzen richtig hässlich aus. Zum Glück lassen sich diese Sequenzen überspringen, so dass man nicht zu lange vom Effektfeuerwerk abgehalten wird, welches in dieser Intensität bisher kaum auf der Wii zu sehen war.
Der japanohpile Sound mit seinen hektischen Bässen und den Synthesizern ist dagegen sicherlich Geschmackssache. Eine Meisterleistung ist er nicht, passt aber zum actionreichen Treiben auf dem Bildschirm. Die krachenden Soundeffekte sowie die Sprachausgabe runden den technisch bis auf geringe Kritikpunkte einwandfreien Eindruck gelungen ab.

Fazit

Hat jemand wirklich mangelnde Action auf der Wii zu beklagen? Dann sollte er zu Sin and Punishment – Successor of the Skies greifen. Selten sah man derart beeindruckende Action gepaart mit toller Spielbarkeit, unzähligen Ideen und Abwechslung auf ganz hohem Niveau, abgerundet von fulminanten Bossfights. Die insgesamt recht kurze Spielzeit sowie der abgespeckte Zweispielermodus sind zusammen mit den hässlichen Charaktermodellen in den Zwischensequenzen so ziemlich die einzigen Kritikpunkte. Abgesehen davon hat Treasure alles richtig gemacht. Vor allem Highscorejäger sowie Freunde klassische Shoot’em’Ups kommen jedenfalls vollkommen auf ihre Kosten.

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Packshot Sin and Punishment: Successor of the Skies

Sin and Punishment: Successor of the Skies

Release: 07.05.2010
Publisher:
Entwickler:
Anzahl Spieler: 1
USK: 12